Autonome Fahrzeuge in der Schweiz und den Nachbarländern

In den letzten Jahren hat sich das Thema autonomes Fahren weltweit zu einem der bedeutendsten Innovationsthemen entwickelt. In diesem Artikel wird die aktuelle Situation autonomer Fahrzeuge in der Schweiz beleuchtet und mit den Entwicklungen in den Nachbarländern Österreich, Deutschland und Frankreich verglichen.

Starten wir mit ein wenig Theorie zum Verständnis

Das autonome Fahren wird in fünf Levels eingeteilt, die von der Society of Automotive Engineers festgelegt wurde. Jedes Level beschreibt, in welchem Umfang das Fahrzeug die Aufgaben des Fahrers übernehmen kann und darf.1

LevelAssistenz Beispiel
Level 1Assistiertes FahrenTempomat und Spurhalteassistent
Level 2Teilautomatisiertes FahrenEinparkhilfen
Level 3Hochautomatisiertes FahrenAuto lenkt, überholt und bremst selbst
Level 4Vollautomatisiertes FahrenAuto kann selbständig navigieren, Fahrer schreitet nur notfalls ein
Level 5Autonomes FahrenPassagiere übernehmen gar keine Fahrer-Funktionen mehr

Die aktuelle Situation autonomer Fahrzeuge in der Schweiz

Die Schweiz ist in Bezug auf den Fortschritt und die rechtlichen Rahmenbedingungen für autonome Fahrzeuge ein wichtiger Akteur in Europa. Im Vergleich zu anderen europäischen Ländern hat die Schweiz eine relativ fortschrittliche Haltung gegenüber der Technologie des autonomen Fahrens eingenommen. Das Land hat ein flexibles regulatorisches Umfeld geschaffen, das es Unternehmen ermöglicht, in einer kontrollierten Umgebung mit autonomen Fahrzeugen zu experimentieren.

Rechtliche Rahmenbedingungen

Im Jahr 2020 ermöglichte die Revision des Bundesgesetzes über den Straßenverkehr die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage, um Tests mit führerlosen autonomen Fahrzeugen zu genehmigen.2 Die Schweiz verfolgt hierbei eine schrittweise Herangehensweise, bei der zunächst Tests unter spezifischen Bedingungen stattfinden dürfen, bevor eine breitere Einführung erfolgen kann. Ein zentraler Bestandteil der Regelung ist die Verwendung von Fahrzeugen, die mit hochentwickelten Sensoren und Kommunikationssystemen ausgestattet sind, um die Sicherheit zu gewährleisten.

An seiner Sitzung vom 13. Dezember 2024 hat der Bundesrat sodann eine Verordnung verabschiedet, mit denen er das automatisierte Fahren regelt.

Diese Verordnung zum automatisierten Fahren in der Schweiz, die am 1. März 2025 in Kraft getreten ist, schafft Rahmenbedingungen für verschiedene Anwendungsfälle des automatisierten Fahrens.3

Folgende drei Anwendungsfälle werden in der Verordnung geregelt:

  1. Autobahnpilot: Autofahrer können die Hände vom Lenkrad nehmen und andere Tätigkeiten ausführen, müssen jedoch jederzeit bereit sein, die Kontrolle zu übernehmen. Aktuelle Systeme sind jedoch noch nicht in der Schweiz zertifiziert.
  2. Führerlose Fahrzeuge: Die Verordnung ermöglicht den Einsatz autonomer Fahrzeuge auf genehmigten Strecken. In der Schweiz gibt es bereits Pilotprojekte, wie in Zürich, wo automatisierte E-Autos den öffentlichen Verkehr ergänzen sollen.
  3. Automatisiertes Parkieren: Diese Systeme ermöglichen es Fahrzeugen, autonom in Parkhäusern zu parken, ohne dass ein Fahrer anwesend ist. Aktuell gibt es bereits erste genehmigte Systeme, die jedoch noch nicht in der Schweiz eingesetzt werden können.

Technologische Entwicklung

In der Schweiz sind mehrere Unternehmen aktiv, die autonomes Fahren entwickeln. Einer der bekanntesten Anbieter ist die Firma Waymo, die in Zusammenarbeit mit der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften (ZHAW) und weiteren Partnern an der Entwicklung von autonomen Fahrzeugen arbeitet. In Städten wie Zürich und Genf gibt es bereits Pilotprojekte, bei denen autonome Fahrzeuge in begrenzten Bereichen getestet werden.

Die Schweiz setzt stark auf die Zusammenarbeit mit internationalen Technologieunternehmen, um innovative Lösungen für den Verkehr zu entwickeln. Ein weiteres Beispiel ist das autonome Shuttle-Projekt in Sion im Kanton Wallis, das zusammen mit PostAuto und anderen Partnern durchgeführt wird. Es ermöglicht, dass Passagiere in einem vollautomatisierten Fahrzeug zu ihren Zielen gelangen, ohne dass ein Fahrer eingreifen muss.

Vergleich mit den Nachbarländern

LandRechtliche RahmenbedingungenTechnologische Entwicklung
DeutschlandDeutschland hat 2017 das Autonomes Fahren Gesetz verabschiedet, das den rechtlichen Rahmen für das Testen und den Einsatz von selbstfahrenden Fahrzeugen setzt. 4 Es erlaubt, dass Autos ohne einen Fahrer auf öffentlichen Straßen fahren, solange sie mit einem sogenannten „Notfallfahrer“ ausgestattet sind, der bei Bedarf in das Fahrzeug eingreifen kann. Deutschland plant jedoch, noch weiter zu gehen, indem es die vollständige Genehmigung für den Betrieb von Level-5-Autonomie (vollständig autonom ohne menschliches Eingreifen) erteilt, sobald die Technologie es zulässt.Die deutsche Industrie investiert massiv in die Entwicklung autonomer Fahrzeuge, sowohl durch internationale Kooperationen als auch durch nationale Forschungs- und Entwicklungsabteilungen. Autonomes Fahren ist ein zentrales Thema in der deutschen Automobilindustrie. Städte wie München und Stuttgart dienen als Testgebiete für autonome Fahrzeugprojekte.
ÖsterreichÖsterreich erlaubt derzeit das Testen von autonomen Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen, allerdings nur unter der Voraussetzung, dass ein Mensch jederzeit die Kontrolle übernehmen kann. Die Technologie ist noch nicht vollständig ausgereift, und Österreich testet weiterhin verschiedene Aspekte der Technik und der Infrastruktur, um sicherzustellen, dass die Fahrzeuge sicher im öffentlichen Verkehr operieren können. 5Österreich setzt vermehrt auf Pilotprojekte. So gibt es beispielsweise in Wien und Salzburg selbstfahrende Shuttle-Busse, die auf speziell markierten Strecken verkehren. Diese Projekte dienen dazu, die Akzeptanz der Bevölkerung zu testen und die Technologie zu verfeinern.
FrankreichFrankreich hat bereits 2016 eine Verordnung für Testfahrten von teilautonomen Fahrzeugen auf öffentlichen Straßen erlassen. Diese erlaubt den experimentellen Betrieb eines autonomen Fahrzeugs (Level 5), sofern eine Genehmigung erteilt wurde.

Seit 2022 wurde auch der code de la route angepasst, und Fahrzeuge, die mit einem Betriebssystem zum autonomen Fahren ausgestattet sind, dürfen unter bestimmten Bedingungen auf den Straßen Frankreichs verkehren. Zum Beispiel müssen die Fahrzeuge jederzeit von einem Fahrer überwacht werden, der im Bedarfsfall das Fahrzeug wieder übernehmen kann.
Auch in Frankreich gibt es zahlreiche Pilotprojekte. Besonders hervorzuheben ist der „EasyMile“-Shuttle, der in verschiedenen französischen Städten getestet wird. Frankreich verfolgt einen Ansatz, der auf die Integration autonomer Fahrzeuge in das öffentliche Verkehrssystem abzielt, um den urbanen Verkehr zu entlasten.

Fazit

Die Schweiz hat sich als fortschrittliches Land in der Regulierung und Entwicklung autonomer Fahrzeuge etabliert, wobei ein pragmatischer und schrittweiser Ansatz verfolgt wird. Im Vergleich zu den Nachbarländern zeigt sich, dass jedes Land unterschiedliche regulatorische Strategien und technologische Schwerpunkte setzt. Während die Schweiz und Deutschland bei den gesetzlichen Regelungen weiter fortgeschritten sind, setzen Länder wie Österreich und Frankreich verstärkt auf Pilotprojekte, um die Technologie im öffentlichen Verkehr zu testen.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die Technologie in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird. Klar ist jedoch, dass das autonome Fahren in der Schweiz und den Nachbarländern in naher Zukunft eine immer größere Rolle spielen wird, sowohl im urbanen als auch im ländlichen Verkehr.

Quellen:
1. https://www.sae.org/standards/content/j3016_202104/

2. https://www.news.admin.ch/de/nsb?id=80041

3. https://www.astra.admin.ch/astra/de/home/themen/intelligente-mobilitaet/automatisiertes-fahren.html

4. https://www.bmv.de/SharedDocs/DE/Artikel/DG/gesetz-zum-autonomen-fahren.html
https://dserver.bundestag.de/btd/19/274/1927439.pdf

5. https://www.oesterreich.gv.at/de/themen/mobilitaet/kfz/Seite.061910